Hyaluronsäureinjektionen bei Arthrose – Sinn oder Unsinn?

Immer wieder erreicht uns die Frage, ob eine Hyaluronsäure-Therapie bei Hüft- oder Knie-Gelenks-Arthrose helfen kann und wenn ja, für wie lange? Der letzte Post in unserer TEPFIT-Gruppe dazu hatte über 120 Kommentare. Das Thema scheint zu bewegen! Was liegt da näher, als unsere Orthopädie-Experten zu befragen?

Folgende acht Fragen haben wir formuliert:

  1. Bis zu welchen Arthrosegrad ist diese Therapie sinnvoll?
  2. Ist bei Hüftinjektionen eine Durchleuchtung während des Eingriffes zwingend notwendig?
  3. Welche Risiken gibt es bei dieser Behandlungsmethode?
  4. Was sind die ungefähren Kosten der Therapie, die keine Kassenleistung ist?
  5. In welchem Zeiträumen kann oder sollte man die Injektionen wiederholen und wie dauerhaft kann im optimalen Fall eine Besserung sein?
  6. Gibt es Unterschiede zwischen Hüfte und Knie in punkto Erfolg?
  7. Gibt es evidenzbasierte Studien dazu?
  8. Welcher Arzt darf diese Therapie durchführen?

Nachfolgend die Ausführungen von Dr. Christian Fulghum, Chefarzt der endogap – Klinik für Gelenkersatz. Er hat diese mit zahlreichen Literaturnachweisen untermauert. Exemplarisch finden Sie am Ende des Beitrags einen Link zu einer englischsprachigen Seite, die einige Beiträge und Analysen zur Hyaluronsäuretherapie veröffentlicht hat.

Die Erfahrungen und auch die wissenschaftlichen Arbeiten zeigen bei Hyaluronsäureinjektionen in die Hüfte ein sehr inhomogenes Bild. Es gibt inzwischen dazu zahlreiche Arbeiten und Metaanalysen, die auch in namhaften Journals erschienen sind.
Es ergeben sich bei einigen Arbeiten kurzzeitig positive Effekte, wie Schmerzlinderung und bessere Beweglichkeit, längerfristige Nachbeobachtungen gibt es nicht. Andere Arbeiten wiederum finden keine Unterschiede zu Placebo. Insgesamt wird kritisiert, dass sehr viele Arbeiten (94%) von der herstellenden Industrie gesponsert sind und von diesen keine negative Ergebnisse aufweisen, während alle unabhängigen Studien keine Unterschiede zu Placebo sehen. Gleichwohl gibt es zahlreiche positive Patientenberichte zu dieser Therapieart.

Es bleibt ein Konsensuspapier, das die Injektion von Hyaluronsäure bei fortgeschrittener Arthrose des Hüftgelenks (Grad III und IV) für nicht sinnvoll erachtet um die Operation hinauszuschieben, bei geringer und mittlerer Arthrose (Grad I und II) besteht Uneinigkeit und es gibt keine generelle Empfehlung.

Die Durchführung der Hüftgelenkinjektion ist im Gegensatz zum Kniegelenk durch den großen Weichteilmantel erschwert. Zudem ist der Gelenkraum der Hüfte, der die injizierte Flüssigkeit aufnehmen soll, wiederum im Gegensatz zum Knie, klein. Die Zuhilfenahme eines Bildwandlers zur Injektion hilft hier, führt aber wieder zu Strahlenbelastung. Das Infektionsrisiko bei der Punktion ist ebenfalls nicht zu vernachlässigen, nicht umsonst ist eine spätere Operation frühestens drei Monate nach der letzten Injektion des Hüftgelenks erlaubt. Insgesamt sind die Komplikationsraten aber gering.

Die Kosten belaufen sich, abhängig vom jeweiligen Präparat, auf etwa 40 bis 80 Euro pro Injektion, bei einer Serie von drei bis fünf Injektionen also auf 120 bis 400 Euro. Die gesetzlichen Versicherungen tragen diese Kosten nicht. Injektionsserien werden in der Regel einmal pro Jahr empfohlen. Jeder Arzt der diese Injektionen beherrscht kann sie ausführen. Da gibt es sicherlich eine Bandbreite, wie bei allen manuellen Leistungen. Wichtig ist die streng sterile Durchführung der Injektion.

Zusammenfassend ist die Hyaluronsäureinjektion des Hüftgelenks aus guten Gründen umstritten. Wir empfehlen sie, im Gegensatz zum Knie, nicht und führen sie auch nicht durch.
Ich hoffe das gibt Hinweise, aber eindeutige Klärung bringt es leider nicht. Wie so oft gibt es halt mehr als eine Wahrheit.
Dr. Christian Fulghum

Dr. Georg Kaupe, Facharzt für Orthopäde und Sportmedizin aus Bonn, äußert sich ähnlich. Nachfolgend auszugsweise seine Antworten:

Die Hyaluronsäuretherapie ist beim Kniegelenk inzwischen absolut evidenzbasiert. Beim Hüftgelenk sieht es noch etwas anders aus, setzt sich aber auch hier tendenziell etwas mehr durch. Die Injektionen sollten nur von absolut erfahrenen Spezialisten unter sterilsten Bedingungen und unter Durchleuchtung gemacht werden. Eine solche Therapie kann den Patienten einige Monate Beschwerdefreiheit geben. Eine Garantie dafür git es nicht. Die Kosten für die Behandlung muss der Patient aus eigener Tasche bezahlen.
Dr. Georg Kaupe

Unser Fazit:
Letztendlich bleibt es dem Patienten selbst überlassen, ob er einen Therapieversuch mit Hyaluronsäure wagen möchte. Beim Kniegelenk scheint das insgesamt erfolgversprechender zu sein, als beim Hüftgelenk. In jedem Fall sollte man sorgfältig recherchieren, welcher Arzt entsprechend spezialisiert ist und nachweisliche Erfolge vorzuweisen hat.

Exemplarische Literaturnachweis-Seite in englisch (Im Suchfeld Hyaluron eingeben)

(Januar 2017)