Facebook Experiment TEPFIT, junge Patienten und Haltbarkeit von Implantaten
Vor zwei Monaten wurde die geschlossene Facebook-Gruppe TEPFIT – Fit mit künstlichen Gelenken (Hüfte und Knie) ins Leben gerufen. Anders als in Blogs oder auf WEB-Seiten wie diese, wollten wir noch enger in den Dialog mit Betroffenen treten. Mit dem Wissen, dass es viele Vorbehalte gegen Facebook gibt und die Zielgruppe vermutlich eher jüngeren Alters ist, wurde dieses dennoch Experiment gestartet. Die Administratoren dieser Gruppe (Ulrike Steyer und Peter Herrchen) haben sich zudem zum Ziel gesetzt, diese Gruppe aktiv zu begleiten, zu moderieren und unseriöse oder unsinnige Beiträge ggf. zu löschen. Diese Praxis wird in der TEPFIT-Gruppenbeschreibung auch offen kommuniziert. Wirklich überrascht hat uns der große Zulauf in der kurzen Zeit. Die Gruppe hat jetzt fast 200 Mitglieder, darunter neben den Betroffenen auch Fachärzte und Physiotherapeuten, sowie Ernährungsexperten, Sportfachleute und Medizinjournalisten. Diese sorgen zusätzlich für die überwiegend gute Qualität der Beiträge. Sehr erstaunt hat uns die große Anzahl der sehr jungen Patienten, die ein künstliches Hüftgelenk erhalten haben oder kurz davor stehen. Es sind etwa 10 Personen unter 30 Jahren, davon sogar zwei unter 20! Hoffentlich ist dies kein Trend, sondern der oben erwähnten jüngeren Zielgruppe geschuldet.
Ebenfalls in dieser Gruppe ist eine ausführliche Diskussion um einen TV-Beitrag des NDR in der Sendung Visite. Darin wird behauptet, dass die Test- und Prüfkriterien für Implantate nicht mehr den heutigen Anforderungen genügen würden und in Anbetracht der heute aktiveren Patienten eigentlich nur wenige Jahre halten dürften.
Dazu haben wir wie schon so oft den Chefarzt der endogap – Klinik für Gelenkersatz Dr. Christian Fulghum befragt und folgende Antwort erhalten:
„Lieber Herr Herrchen,
bezüglich Ihrer Frage Prüfnormen/Belastungstests künstlicher Gelenke:
Es ist völlig korrekt, dass die derzeitigen offiziellen Prüfnormen unzureichend sind und den tatsächlichen Belastungsgrößen nicht entsprechen. Daher führen alle renommierten Hersteller wesentlich umfangreichere Tests und Belastungen durch, die weit über die bisherigen Prüfungen hinausgehen. Das tun sie allein schon aus Selbstschutz um sich vor eventuellen späteren Regressforderungen möglichst zu schützen, die heute zum Teil riesige Ausmaße annehmen können, besonders wenn die USA involviert sind. Trotzdem kommt es immer wieder einmal zu Problemen und Versagern. Allerdings sind diese viel seltener als früher geworden und stellen die absolute Ausnahme dar.
Heute wird von den renommierten Herstellern sehr aktiv an der Weiterentwicklung der Testnormen gearbeitet, sowohl was die Forschung auf diesem Gebiet angeht, als auch die Testmaschinen, die ja nicht den Laborzustand sondern möglichst die Bedingungen im Körper unter natürlichen Belastungen und in den verschiedensten Situationen simulieren sollen. Und das über viele, viele Jahre. Da ist man wirklich schon sehr weit und bei den „guten“ Firmen intensiv bemüht. Ich habe gerade wieder ein Testlabor bei der Firma Aesculap in Tuttlingen besucht, sowie Testeinrichtungen der Firmen DePuy und Zimmer in Leeds und Winterthur: Da wird intensiv und ernsthaft geforscht und entwickelt um die Implantate so haltbar wie möglich zu machen.
Ein zukünftiger Implantatträger sollte seinen Operateur fragen, wie lange es die geplante Prothese schon gibt, wie die Langzeiterfahrungen sind und, wenn es eine relative Neuentwicklung ist, ob sie sich auf bereits bewährte Prinzipien stützt und nur geringfügige Veränderungen zum bewährten Vormodell aufweist. Außerdem sollten die Firmen erfragt werden, die die Implantate herstellen. Diese sollten ja möglichst viele Jahre halten und wenn nach 20 Jahren ein eventueller Austausch ansteht, sollte es die Herstellerfirma auch noch geben …. das ist zwar nicht immer garantiert, aber die „Großen“ gibt’s dann hoffentlich wohl noch eher. So verfahren zumindest wir in der endogap bei der Implantatauswahl.
Bei aller gerechtfertigten Vorsicht nicht vergessen: Die Ergebnisse der Hüft- und Knieendoprothetik sind wirklich hervorragend und die weitaus meisten Patienten haben mit ihren Implantaten viele Jahre überhaupt keine Probleme.
Ich hoffe das hilft weiter.
Beste Grüße und schönes Wochenende aus Garmisch-Partenkirchen,
Christian Fulghum“
Hierzu passt übrigens auch die ebenfalls von der endogap mitinitiierte Kooperation endogroup. „Fünf auf dem Gebiet der Endoprothetik führenden Kliniken bilden endogroup. Durch die Kooperation soll ein Zugewinn in der Qualität und Sicherheit der Patientenversorgung, der Mitarbeiterzufriedenheit und der Organisation unserer Abteilungen erreicht werden.“, ist auf der Webseite zu lesen. Ein Besuch der Seite lohnt sich in jedem Fall, besonders die Rubrik Knowledge-Center. Dort werden Fachbegriffe von A-Z erklärt und Antworten zu den häufigsten Fragen liefert.